Abradeln auf der Radrennbahn Merseburg: Eine Hommage an die Retro-Radsporttradition

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Das diesjährige Abradeln auf der Radrennbahn in Merseburg bot nicht nur einen stimmungsvollen Abschluss der Saison, sondern auch eine außergewöhnliche Gelegenheit, in die Geschichte des Radsports einzutauchen. Unter den Teilnehmern waren zwei besondere Gäste mit ihren klassischen Rennrädern: Rafael Thiele und Jens Gedicke. Ihre Leidenschaft für Retro-Bikes und die Geschichten hinter ihren Fahrrädern verzauberten Zuschauer und Teilnehmer gleichermaßen.

Rafael Thiele und sein Diamant-Bahnrad der 60er Jahre

Rafael Thiele, 69 Jahre alt und ein ehemaliger Spitzenfahrer für Dynamo Magdeburg, kam auf seinem Diamant-Bahnrad aus den 1960er Jahren nach Merseburg. Die Marke Diamant, bekannt für ihre Qualität und Langlebigkeit, ist einer der ältesten deutschen Fahrradhersteller. Besonders populär wurde das Modell Diamant 167, das 1954 eingeführt wurde und unter Sammlern und Profis als Kult gilt.

Rafael Thiele mit seinem Diamant-Bahnrad
Rafael Thiele mit seinem Diamant-Bahnrad
Rafael Thiele auf der Radrennbahn Merseburg
Rafael Thiele auf der Radrennbahn Merseburg

Thiele selbst erinnert sich an erfolgreiche Rennen im Tandem mit dem bekannten Radsportler Emanuel Raasch. Raasch war ein herausragender deutscher Sprinter, der in den 1970er Jahren als einer der besten Fahrer der DDR galt und mehrfach Vizeweltmeister im Sprint wurde. Sein taktisches Geschick und seine Geschwindigkeit machten ihn zu einem ernstzunehmenden Gegner auf der Bahn, und in Teamwettkämpfen erzielte er gemeinsam mit Fahrern wie Thiele beeindruckende Ergebnisse.

Thiele über das diesjährige Abradeln:

„Ich bin froh, dass es so etwas noch gibt und sehe mich in die Jugend versetzt,“

Rafael Thiele

Für die kommende Saison hat er bereits Pläne:

„Im Frühjahr 2025 bin ich wieder dabei, vielleicht mit einer anderen Radübersetzung.“

Rafael Thiele

Diese Aussage zeigt, dass die Leidenschaft für den Radsport und die technischen Details seiner Ausrüstung ihn weiterhin antreiben.

Teilnehmer des Abradeln-Events
Teilnehmer des Abradeln-Events
Rafael Thiele im Gespräch mit anderen Teilnehmern
Rafael Thiele im Gespräch mit anderen Teilnehmern

Jens Gedicke und sein Atala-Rennrad aus den 70er Jahren

Der zweite besondere Gast des Tages war Jens Gedicke aus Halle, der erst spät die Liebe zum Radsport fand. Er brachte sein klassisches Atala-Rennrad aus den 1970er Jahren zum Abradeln. Atala, eine italienische Fahrradmarke, wurde im Jahr 1907 gegründet und erreichte in den 70er und 80er Jahren große Popularität. Das Modell, das Jens fährt, ist nicht nur ein Relikt der Vergangenheit, sondern auch ein Symbol für die italienische Radsportkultur. Auf dem Rahmen prangt stolz das Logo der Giro d’Italia, was auf die Tradition des Radsports und die Bedeutung dieser Marke in der italienischen Fahrradgeschichte hinweist.

Klassisches Atala-Rennrad aus den 1970er Jahren
Klassisches Atala-Rennrad aus den 1970er Jahren
Jens Gedicke in Retro-Outfit
Jens Gedicke in Retro-Outfit

Jens Gedicke ist kein Unbekannter in der Radsportszene und hat an vielen klassischen Eintagesrennen wie der Flandern-Rundfahrt, Mailand–Sanremo und Paris–Roubaix teilgenommen. Diese Rennen, auch als Monumente des Radsports bekannt, sind geprägt von Tradition und fordern nicht nur körperliche Ausdauer, sondern auch mentale Stärke. Für Jens sind diese Veranstaltungen eine Hommage an die Radsportgeschichte, und sein Atala-Rennrad aus den 70er Jahren ist eine bewusst gewählte Hommage an diese Kultur.

Details des Atala-Rennrads von Jens Gedicke
Details des Atala-Rennrads von Jens Gedicke
Giro d’Italia Logo auf dem Rahmen des Atala
Giro d’Italia Logo auf dem Rahmen des Atala

Er plant außerdem, bald an Retro-Rennen wie dem berühmten L’Eroica teilzunehmen, einem Event, das sich den klassischen Fahrrädern und dem historischen Radsport-Charme widmet. Solche Retro-Rennen messen oft nicht die Zeit, sondern zelebrieren die Ästhetik historischer Fahrräder. Die Teilnehmer tragen dabei historische Outfits, reiben ihre schwarzen Lederschuhe sorgfältig mit Creme ein und tragen weiße Socken, was den authentischen Stil der damaligen Zeit widerspiegelt. Weiße Socken stehen dabei nicht nur für Ästhetik, sondern auch für Professionalität und Reinheit und reflektieren das Sonnenlicht, was den Beinen hilft, bei Hitze kühl zu bleiben. Jens selbst, mit seinem ledernen Helm — typisch für den Radsport bis Ende der 1970er Jahre, bevor sicherere Helme eingeführt wurden — und authentischem Outfit, verkörpert diesen Retro-Stil perfekt und bringt die Vergangenheit mit Stolz und Hingabe zurück.

Die Bedeutung des Abradeln für die Teilnehmer und Zuschauer

Das Abradeln in Merseburg war für viele ein nostalgisches Erlebnis, das die Geschichte des Radsports aufleben ließ. Für die Zuschauer war es faszinierend, die klassischen Räder und die sorgfältig gewählten Outfits zu sehen, die die Radsporttraditionen vergangener Jahrzehnte ehrten. Die Worte von Rafael Thiele und Jens Gedicke zeigen, dass diese Veranstaltung nicht nur ein sportliches Event ist, sondern auch eine Möglichkeit, Erinnerungen zu wecken und die Faszination für den Radsport zu teilen.

© Text und Fotos: Pavlo Kozakov

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